Lehrer Kersten - sein Leben
Ein geschichtlicher Rückblick auf den Lehrer Kersten
Karl Kersten wurde als Sohn eines Klempnermeisters am 2. September 1888 in Jeßnitz geboren. Die Familie war schon seit dem 16.Jahrhundert im Ort ansässig. Sie übten immer den Beruf eines Handwerkers aus und so musste auch sein Vater das Klempnerhandwerk erlernen. Die Familie war sehr naturverbunden, und so erlernte Karl auch die lateinischen Namen der Blumen und Pflanzen. Durch das Pilze sammeln mit seiner Mutter, wurde in ihm das Interesse für die Pilze geweckt.
Während der Schulzeit erlernte er sehr intensiv Fremdsprachen, Französisch und Englisch im Seminar, Latein und Italienisch im Selbststudium. Sein Wunsch Lehrer zu werden, sollte in Erfüllung gehen, da er sich unter den drei besten Schülern des Jahrganges befand. Die Abschlussprüfung des Landesseminars bestand er in 13 Fächern mit „sehr gut“, und so begann seine Lehrerlaufbahn.
Am 15. April 1909 wurde er Lehrer am Luiseninstitut in Dessau. Hier entwickelte sich der Wunsch an einer kleinen Landschule zu unterrichten. Da an der Schule in Großkühnau eine Stelle frei wurde, ließ er sich am 1. April 1911 hierhin versetzen. Am 1. Oktober 1922 wird er Schulleiter der Großkühnauer Schule.
Karl Kersten schreibt selbst über seinen Aufenthalt in Großkühnau:
„ Unter dem Begriff Heimat wurde mir Lehren und Lernen eine wunderbare Einheit. Ich rang um Kühnau, bis es mir Heimat wurde. Ich vertiefte mich in die tausendjährige Geschichte des Ortes,und lernte die bodenständigen Kühnauer selbst kennen. Sie gaben mir Bescheid über Boden- und Flurverhältnisse, über Sitten und Gebräuche, über das Schicksal der Familien. In Gesprächen mit Bauern und Forstarbeitern lernte ich die Flurnamen kennen.“
Fast 500 Flurnamen wurden von ihm so gesammelt und aufgeschrieben. Er organisierte Heimatabende, an denen Vorträge über die Geschichte von Großkühnau zu hören waren. Diese Treffen waren immer sehr interessant und lehrreich, da man auch etwas über Sitten und Gebräuche und Familiengeschichten von Großkühnau erfahren konnte. An diesen Abenden wurde auch die Geselligkeit nicht vergessen, und deshalb waren sie auch immer gut besucht.
Eine Schulbücherei wurde von ihm gegründet, welche später 700 Bände umfasste. Ein Viertel seines Gartens stellte er den Schülern zum Selbstbearbeiten zur Verfügung.
1917 organisierte er eine erste Pilzausstellung. Die Erforschung der Pilzkultur war seine große Leidenschaft, und so begleitete sie ihn ein ganzes Leben.
1942 trennte er sich von Großkühnau und übernahm eine Rektorstelle in Roßlau. 1948 ging er nach Ballenstedt und unterrichtete dort Biologie. 1950 wurde er an der Universität in Halle Lektor für Pilzkunde. Hier widmete er sich nun ganz intensiv der Erforschung der Pilzkunde.
Über 100 Ausstellungen organisierte er in Dessau und Umgebung. Er war Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Pilzkunde seit der Gründung 1921.
Im Jahre 1935 organisierte Karl Kersten die erste Pilzforschertagung, verbunden mit einer großen Pilzausstellung und einer Pilzwanderung in den Wörlitzer Park.
1948 wird er Landesbeauftragter für Pilzaufklärung. Er verfasste den „ Leitfaden für Pilzsachverständige“. 105 Pilzarten werden hierin beschrieben und bildlich dargestellt. Hinweise auf erste Hilfe bei Pilzvergiftungen sind ebenso enthalten.
Karl Kersten veranstaltete Pilzlehrwanderungen, Ausstellungen, Vorträge und Kurse und veröffentlichte Beiträge in der Tagespresse.
Sein großes Ziel war es, möglichst alle Pilzarten zu erfassen und den Standort zu untersuchen. Auf Karteikarten wurde dies alles aufgezeichnet und festgehalten, so das eine Sammlung von über 5000 Stück entstand. Diese bedeutende „Standortforschung“ wird als das „Lebenswerk“ von Karl Kersten bezeichnet. Aus gesundheitlichen Gründen konnte er es leider nicht vollenden.
Parallel zu dieser Forschung war er auch als Landes-- und Bezirkspilzsachverständiger tätig. Sehr viel war er unterwegs und hielt vor den Sachverständigen Weiterbildungslehrgänge. Eine Pilzaufklärung ohne wissenschaftliche Grundlage lehnte er ab. Volkstümliche Pilzkunde und wissenschaftliche Mykologie ergänzen sich gegenseitig und bilden so eine Einheit. Sein Interesse galt nicht nur den Pilzen, sondern auch der Botanik und der Ornithologie. Auch hier zeigte er gute Kenntnisse.
Pilzprüfungen bei Sachverständigen nahm er in einer ganz besonderen Art und Weise ab. Er verwickelte den Pilzfreund in eine längere fachliche ungezwungene Unterhaltung. Am Ende gab er dann bekannt, dass die Prüfung bestanden war, alles ohne Stress und Angst. Eine nachahmenswerte Methode!
Karl Kersten war eine stille, bescheidene und sehr fleißige Person, manchmal mit einem schalkhaften Wesen. Im Umgang mit seine Mitmenschen hatte er eine wunderbare treffliche Art. Er war der Begründer der Pilzaufklärung in Sachsen-Anhalt. Am 12. Juli 1960 verstarb er in Ballenstedt im Alter von 71 Jahren.
Wir Großkühnauer können uns rühmen, dass solch ein kompetenter Mensch als Lehrer und Direktor an unsere Schule tätig war.
Quelle: “Mykologisches Mitteilungsblatt“ (Jahrgang 1961, Heft 2)
Karl Kerstens Erinnerungen an 25 Jahre in der Großkühnauer Schule gibt es hier.