Rathaus Großkühnau
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Öffentliche Ortschaftsratssitzungen 2024:

15. Oktober 2024

12. November 2024

 

jeweils am Dienstag ab 17:30 Uhr im Sitzungszimmer des Rathauses

Sprechstunden im Großkühnauer Rathaus
finden immer am Dienstag von 13:00 -17:30 Uhr statt. Unsere OR-Assistentin Frau Corina Körting nimmt Ihr Anliegen auf und leitet es an die Ortschaftsräte und/oder an die Stadtverwaltung weiter. Gern auch individuelle Termine nach Absprache unter 0340/619617 mit Frau Körting.

 

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Historischer Friedhof Großkühnau - ein Ort der Aufklärung und Toleranz mit friedenspädagogischem Inhalt

Eingangstür zum Friedhof ©MP
Historischer Friedhof Großkühnau - ein Ort der Aufklärung und Toleranz mit friedenspädagogischem Inhalt

Aufbau und Entstehung

Die Anlegung des „Großkühnauer Begräbnisplatzes“ erfolgte ab 1805 außerhalb des fürstlichen Dorfes Großkühnau. Der Fürst und Herzog Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau ließ als Landesherr im Geiste seiner Zeit für alle christlichen Konfessionen eine neue Friedhofsanlage gestalten. Sie entstand zwischen 1805/06 am südwestlichen Rand in Verlängerung der „Neuen Reihe“, einem befestigten und mit Kolonistenhäusern gesäumten Straßenzug, der während der Regierungszeit (1698- 1747) des Fürsten Leopold I. von Anhalt-Dessau, dem „Alten Dessauer“, angelegt wurde. Unmittelbar hinter einer Wallanlage und somit im hochwasserfreien Westteil der Großkühnauer Flurmarkung, jedoch außerhalb des Dorfes gelegen, entstand ab 1805 die heute noch modern wirkende historische Friedhofsanlage, auf der 1806 die ersten Beisetzungen stattfanden. In diesem Areal der Großkühnauer Flurmarkung befanden sich vorrangig die Felder und Streuobstwiesen des Dorfes, teils parkähnlich angelegt und somit in den belebender Teil des gestalteten Landschaftsraumes des Dessau-Wörlitzer Gartenreiches eingefügt.
Mit dem Erwachen eines neuen Geisteslebens der Aufklärung und der Toleranz setzte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch eine geistige Auseinandersetzung mit dem Friedhofswesen ein. Angeregt durch seine Bildungsreisen durch England, Frankreich und Italien konnten Fürst Franz, Erdmannsdorff und deren Begleitung nahezu alle Formen und Gemeinsamkeiten der abendländischen Totenverehrung erleben. Sie gewannen die Erkenntnis, dass neben den Örtlichkeiten, die zur Anlegung der jeweiligen Gottesäcker führten, auch Achtung und Respektierung der Totenruhe
in Abhängigkeit von sozialen bzw. wirtschaftlichen Faktoren standen, die so Einfluss auf die Gestaltung der Grabmale nahmen. Auch Fragen der Hygiene, bis dato noch unbekannt, flossen mit in das Konzept ein.


Aus diesem Erkenntnisprozess heraus ließ Fürst Franz von Anhalt-Dessau zwischen 1787-1789 außerhalb der Stadtmauern einen „Neuen Begräbnisplatz“ in seiner Residenz-Hauptstadt Dessau errichten. Ein geplanter „kommunaler Friedhof“ nach gleichrangigen Grundsätzen für alle christlichen Konfessionen gestaltet, ohne Grabsteine – der Fürst wollte selbst namenlos inmitten seiner Bürger liegen, sein Sohn liegt an dieser Stelle – und außerhalb städtischer Besiedlung angelegt, war revolutionierend und bürgerlich humanistisch weit seiner Zeit vorausgedacht.

Bedeutung der Friedhofsanlage

Der „Großkühnauer Begräbnisplatz“ ist somit die zweitälteste kommunale Friedhofsanlage in Dessau, eine der frühesten seiner Art in Deutschland und steht unter Denkmalschutz. In seinem geistigen Anliegen und seiner historischen Gliederung ist die Anlage noch heute erlebbar. Im unmittelbaren Eingangsbereich sind noch wesentliche Elemente der ursprünglich naturbezogenen parkähnlichen Landschaftsgestaltung zu erkennen, wie der Baumbestand alter Kiefern, Laubbäume und Sträucher belegen. Auch sind im Ostteil der Eingangsanlage noch die Talsenken eines Gewässerlaufs zu erkennen. Dort befand sich auch direkt vor der noch erhaltenen historischen Friedhofsmauer ein pyramidenartig geformter Kompostberg, wo die gärtnerisch verwertbaren pflanzlichen Teile der Anlage wieder einer Aufbereitung zugeführt wurden. Eine symbolische Metapher an den Kreislauf der vergänglichen und zugleich lebenspendenden Natur. Diese Form des Grabmals entsprach ganz den Idealen der Aufklärung, wo man den Tod als „Veredlung sterblicher Natur“ ansah. Solch Ort sollte nicht nur Besinnung und Erinnerung ausstrahlen, sondern auch als ein Platz wahrgenommen werden, an dem sich der freie Geist des Menschen und seiner Sinne in all ihren Facetten sammeln und entfalten
konnten. Nicht ein Totenkult der Stille und Trauer war sein Ziel, vielmehr strebte Fürst Franz eine andere Art der Totenverehrung an. Nach den Vorstellungen des Fürsten war der menschliche Geist und dessen Seele unsterblich: „Der Ernst des Todes sollte sich in dieser Anlage mit der Freude der Lebenden verbinden… Alles erregt ein lebhaft Gefühl von der Wichtigkeit des Lebens in Hinsicht auf Veredlung des Geistes und auf Unsterblichkeit.“


In der nördlichen Umfangsmauer des Friedhofes ist noch der historische Eingangsbereich mit seiner nach Süden führenden Hauptallee vorhanden, jedoch ohne die ursprüngliche Toranlage. Eine heute stark verwitterte großformatige Sandsteintafel, linksseitig des Eingangs im Mauerwerk eingelassen, stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit aus der Entstehungszeit der Friedhofsanlage. Neben dem Eingang befand sich in westlicher Richtung das Aufseherhaus des Friedhofswärters, ein einfacher quadratischer Backsteinputzbau mit Ziegelzeltdach. Das Haus wurde 1920 als Trauerhalle
umgebaut.
Neuartig, ist das geistige Anliegen des Friedhofs, er symbolisiert einen Garten der Toten, in dem die Lebenden zugleich einen Ort der Erinnerung an die Lebensleistungen der Altvorderen finden. „Der Ernst des Todes sollte sich in dieser Anlage mit der Freude der Lebenden verbinden.“ So führt eine großzügig angelegte Lärchenallee, von denen noch einige prachtvolle hochstehende Altbäume stehen, als zentrale Wegeachse bis zur Friedhofsmauer im Süden. Die Lebenden wandeln in einem Park der Toten. Mit gärtnerischen Mitteln wurde so eine geistige Oase des „Werdens und Vergehens“ geschaffen, die nicht nur während seiner Entstehungszeit, sondern insbesondere in der Gegenwart
und sicher auch in der Zukunft einen hohen Stellenwert im geistigen Leben der Menschen spielt: Die Erkenntnis, dass der Mensch ein Teil der Natur ist, sich einander bedingen und im Gleichklang zueinander stehen.

Im rechten Winkel zur Hauptallee in Nord-Süd-Richtung bildet eine Querallee in Ost-Westrichtung eine Verbindung zwischen einem Kolumbarium aus gebrannten Ziegelstein-Mauerwerk als östliche Abgrenzung des Friedhofs zu dessen Westseite, wo sich zwei Kriegsgräberanlagen mit Gedenktafeln für die in den beiden Weltkriegen gefallenen Großkühnauer Bürger befinden.
So ergibt sich ein rechtwinkliger Friedhofsgrundriss in dessen Zentrum ein Wegkreuz steht. Ein einzigartiges großes Kreuz, das Symbol der Vereinigung aller Christen. Einst stand das Kreuz für den Sieg des Lebens über den Tod: die Frau, die Horizontale, empfängt den Mann, die Vertikale – eine Vereinigung, aus der neues Leben entsteht. Seit dem frühen Mittelalter wird in diesem Zeichen die anthropomorphe Andeutung auf den gekreuzigten Christus gesehen.

Unter Berücksichtigung der ursprünglichen vom Reformfürsten Franz von Anhalt-Dessau festgelegten Friedhofsordnung, Ausdruck der Lebensform und des Lebensgefühls jener Zeit, entstanden so die ersten im deutschsprachigen Raum planmäßig angelegten kommunalen Friedhofsanlagen nach einheitlichen Bestattungskriterien für alle christlichen Konfessionen außerhalb einer städtischen Siedlung.
Die beiden kommunalen Friedhofsanlagen in Dessau und Großkühnau wurden zum Vorbild für zahlreiche Städte, ihre Friedhöfe nach dem „Neuen Dessauer Begräbnisplatz“ gestalteten. Dazu gehören u.a. der Sadebecksche Friedhof in Reichenbach an der Eule, der ab 1805 entstand, der Trinitatiskirchhof in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden, der Magdeburger Nordfriedhof, ab 1826 angelegt und die Erweiterung des Südlichen Friedhofs in Bayerns Hauptstadt München durch F. von Gärtner ab 1847. Die Grundrisse zeigen entsprechend dem Dessauer Vorbild stets ein regelmäßig
aufgeteiltes Rechteck mit einem Rundteil in der Mitte, während in den Umfassungsmauern des Friedhofs teilweise auch Gruftanlagen eingebracht wurden.
Weit ihrer Zeit voraus war die Dessauer Friedhofsordnung von 1787, die auf der Basis der Bestattungsrichtlinien des Grafen Nikolaus Ludwig von Zinzendorf für die Brüdergemeine in Herrnhut von 1735 entstand. Sie ist daher, auch wenn der exakte Wortlaut der Urschrift durch den Dessauer Rathausbrand von 1910 verloren ging, in einer Reihe von zeitgemäßen Veröffentlichungen nachvollziehbar. In den Ordnungen zum Friedhofswesen ist im deutschsprachigen Raum seit dem 19. Jahrhundert eine Reihe von Grundsätzen formuliert, deren Ursprung eindeutig aus den Dessauer und
Herrnhuter Satzungen hervorgehen. Zu diesen Parallelverordnungen sei hier auf die Bremer Friedhofsordnung von 1813 und die Magdeburger Gräberordnung von 1826 hingewiesen.

 

Aus " Studie über den "Großkühnauer Begräbnisplatz". Historischer Friedhof Großkühnau – ein Ort der Aufklärung und Toleranz mit friedenspädagogischem Inhalt " von Dipl.-Ing. Helmut Erfurth , Dessau (Stand 01.06.2022)

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Studie über den Großkühnauer Begräbnisplatz Neekener Straße.pdf
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© Helmuth Erfurth